Standardisierung des Kanalinformationssystems der Bundesrepublik Deutschland

Die Erhaltung und Verwaltung von Abwasseranlagen stellte vor 20 Jahren die staatlichen Bauämter der Bundesrepublik Deutschland vor enorme Herausforderungen. Die Lösung durch das ISYBAU Handlungskonzept und in dessen Folge der Einsatz des Kanalinformationssystems KanDATA (später BaSYS) der Barthauer Software GmbH setzten Zeichen für Wirtschaftlichkeit und Effizienz in der Leitungsdokumentation.

Kunde
Oberfinanzdirektion Hannover – stellvertretend für alle Staatshochbauämter
• 800.000 ha zivile und militärische Liegenschaften,
• 12.000 km Abwasserkanäle

Aufgabe
• Datenerfassung und Datenimport
• Zustandsbewertung
• Sanierungsplanung
• Verwaltung

Produkte
• ISYBAU
• KanDATA
• ISYTEST
• PIETS
• BaSYS

Projektbeginn
• 1991

1990: Herausforderung durch nicht erfasste Daten
Die Bundesrepublik Deutschland ist Eigentümer von ca. 70.000 zivilen und mehr als 4.000 militärisch genutzten Liegenschaften in einer Größenordnung von ca. 800.000 Hektar. Die Nutzbarkeit der Liegenschaften hängt entscheidend von einer funktionsfähigen Infrastruktur ab. Hierfür sind eigene Ver- und Entsorgungsnetze wie z.B. Kanalnetze erforderlich. Der nachhaltige Umgang mit der Ressource Wasser soll dafür sorgen, dass für künftige Generationen ausreichend Wasser in hinreichender Güte erhalten bleibt. Zugleich sind finanzielle Mittel wirtschaftlich und zielgerichtet einzusetzen. Im Rahmen des vorbeugenden Umweltschutzes auf der Grundlage der Landeswassergesetze ist die Bundesverwaltung der Länder dazu verpflichtet, den Zustand der Abwasseranlagen entsprechend dem Stand der Technik zu unterhalten.(1)

Insgesamt mehr als 12.000 Kilometer Abwasserkanäle befinden sich auf den Liegenschaften. Netze, die inspiziert, gewartet und saniert werden müssen, um sie umwelttechnisch auf einen unbedenklichen Stand zu bringen. Teilweise sollen durch die Wiedervereinigung nicht mehr militärisch genutzte Liegenschaften an zivile Nutzungen überführt werden. Die Kanaldaten kommen aus den staatlichen Hochbauverwaltungen der 16 Bundesländer. Zudem arbeiten die verwaltenden Dienststellen eng mit Dienstleistern wie Ingenieur- und Inspektionsfirmen, sowie der Bauindustrie zusammen. Permanent müssen Daten von und zu externen Auftragnehmern transferiert werden. Vor 1991 existiert eine Vielzahl von Datenformaten, insbesondere im Kanalzustandsbereich nebeneinander. Redundanzen in der Datenhaltung erschweren die Arbeit und vermindern die Wirtschaftlichkeit. 1)Quelle: Arbeitshilfen Abwasser, Vorwort zur zweiten Auflage

Aus Chaos wird Konzept
Das Problem der Datenformatvielfalt muss dringend gelöst werden, andernfalls droht ein bundesweites Datenchaos. Eine effiziente Administration ist unter diesen Voraussetzung unmöglich. Aus Mitgliedern von Bund und Ländern bildet sich Anfang der Neunziger Jahre der ISYBAU-Arbeitskreis Abwasser. Dieser beauftragt das ITWH (Institut für technischwissenschaftliche Hydrologie) als Berater mitzuwirken, ein einheitliches Datentransferformat für Kanaldaten zu entwickeln. Eine repräsentative Umfrage bei den damals am Markt existierenden Softwarehäusern (u.a. auch bei BARTHAUER) soll dazu beitragen, die Anforderungen an eine solche universelle Schnittstelle auf eine möglicht breite Basis zu stellen. Die Ergebnisse dienen als Grundlage für das neue Datentransferformat. Das ISYBAU Handlungskonzept des ISYBAU-Arbeitskreises und die ersten ISYBAU Austauschformate setzen einen Meilenstein in der Standardisierung der Arbeitsabläufe in der Abwasserwelt. Ursprünglich ausschließlich für die Belange des Bundes konzipiert, wird ISYBAU in Windeseile von der Fachwelt aufgenommen.

Überblick mit System
Doch ohne eine systematische Erfassung ist die Verwaltung der Teilnetze in den vielen Liegenschaften kaum noch zu bewältigen. Der Bedarf nach einer professionellen Netzverwaltung wird immer dringender, so dass die OFD Hannover stellvertretend für die staatliche Bauverwaltung europaweit die Lieferung einer Kanaldatenbank ausschreibt.

1991 steckt die Softwareentwicklung bezüglich Kanaldatenbanken noch in den Kinderschuhen: eine Handvoll Programmierer hat sich der Entwicklung von Software für Tiefbau und Geoinformatik verschrieben. Doch wer den steigenden Anforderungen des Marktes gewachsen ist und auf Dauer bestehen wird, muss sich erst noch zeigen.

Eine Investition in ein deutschlandweit einheitliches Informationssystem für Abwasserkanäle ist riskant, denn mehrere hundert Arbeitsplätze müssen installiert werden und mindestens ebenso viele Anwender an einer Schulung teilnehmen. Der zukünftige Anbieter muss Innovationskraft und eine geeignete Software-Infrastruktur mitbringen, um die hohen Anforderungen des Auftraggebers in die Praxis umsetzen zu können. Auch sollte die neue Kanaldatenbank den Import und Export des jungen ISYBAU Formates beherrschen.

And the winner is: BARTHAUER
1991 entschließt sich die OFD Hannover, stellvertretend für alle Staatshochbauämter, für eine Generallizenz des Kanalinformationssystem KanDATA des Braunschweiger Softwarehauses von Diplom-Ingenieur Jürgen Barthauer. Ausschlaggebend für den Zuschlag ist das gute Preis-Leistungsverhältnis des Braunschweiger Anbieters, sowie die Bereitschaft weitere Anpassungen zu entwickeln. 1991 wird das BARTHAUER Kanalinformationssystem auf dem Betriebssystem MS-DOS, bundesweit eingeführt. Zeitgleich aber unabhängig von dem Auftrag wird das Braunschweiger Softwarehaus zur Barthauer Software GmbH umgewandelt. Mehrere Mitarbeitern unterschiedlicher Spezialisierungen, wie Informatiker, Ingenieure und Geographen arbeiten Hand in Hand, um die Software beständig weiterzuentwickeln und an die Anforderungen der Staatsbauämter anzupassen.

Bundesweit schulen die BARTHAUER Mitarbeiter Anwender und Trainer. Das interdisziplinäre Team realisiert ein umfangreiches Projekt mit ca. 250 Arbeitsplätzen. Die BARTHAUER Trainer sind in diesen Tagen ständig auf Tour: Anwenderschulungen in 16 Bundesländern und mit fast 300 Teilnehmern stehen auf dem Programm, dazu kommen EDVtechnische Beratung und die Integration mit bestehenden Softwarestrukturen.

Die Barthauer Software GmbH ist als Softwareunternehmen indirekt in die Entwicklung miteingebunden und transformiert das Format in die Praxis. Eine Software, die die neue, einheitliche Formatsprache perfekt beherrscht, steht ab nun allen Leitungsbetreibern und Planern zur Verfügung. Das Modul ISYTEST sorgt dabei für eine unabhängige Qualitätskontrolle. ISYTEST durchleuchtet ISYBAU-Daten auf ein fehlerfreies ISYBAU Format. So können sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer sicher sein: Wo ISYBAU draufsteht ist auch ISYBAU drin!

1996: das ISYBAU-Format wird fortgeschrieben
Mit dem redesignten neuen ISYBAU-Format wurden die Erfahrungen mit der bisherigen Anwendung des 1991-Formates berücksichtigt, das Format der technischen Entwicklung angepasst und die „Kinderkrankheiten“ beseitigt.

1998: Von DOS auf Windows – alles wird einfacher
In den vorhergehenden Jahren hat sich die Softwaretechnik rasant entwickelt. Bei privaten und professionellen Nutzern hat sich das Betriebssystem Windows durchgesetzt. 1998 wird die erste Windowsversion des BARTHAUER Netzinformationssystems freigegeben und auf den Namen BaSYS getauft. In BaSYS können die Anwender mit einer gewohnten Benutzeroberfläche arbeiten und sich so bestens zurecht finden. Das überzeugt auch die OFD Hannover, die sich 1999 im Rahmen eines Upgrade-Vertrages für den erneuten Einsatz der BARTHAUER Software entschließt.

Das „Train the Trainer-Konzept“ bereitet Koordinatoren der Länder auf ihre Rolle als Ansprechpartner für BaSYS vor. Und das Konzept geht auf: 1991 – 2000 erfassen die staatlichen Bauverwaltungen in Deutschland einheitlich ihre Abwassernetze mit BaSYS.

ISYBAU breitet sich aus
Die ISYBAU Austauschformate ermöglichen inzwischen einen einheitlichen und konsistenten Austausch aller abwassertechnischen Daten. Das ISYBAU Handlungskonzept hat sich bewährt und wird vermehrt auch von anderen Fachbereichen angefragt. Deshalb werden die ISYBAU Formate um zusätzliche Datenstrukturen erweitert. Der Arbeitskreis veröffentlicht die „Arbeitshilfen Abwasser“ und erleichtert damit die praktische Umsetzung bei externen Auftragnehmern.

In den Folgejahren werden die Arbeitshilfen immer wieder an die fortschreitende Entwicklung der Fach- und DV Technik angepasst und erweitert. Auf Software Ebene werden die ISYBAU- Formate und Bewertungsprogramme weiterhin in enger Zusammenarbeit von BARTHAUER umgesetzt.

BaSYS 8: Aus Spezialisten werden Marktführer
Die nächste Version von BaSYS ist 2007 ausgereift und lässt die Konkurrenz ins Grübeln kommen. Es ist zu diesem Zeitpunkt das einzige Netzinformationssystem das zu 100 Prozent das bundesweite Format in seiner Datenstruktur wiederspiegelt.

BARTHAUER hat nicht nur bewiesen, am Markt zu bestehen, sondern überzeugt durch einmalige fachliche Tiefe, intuitive Bedienung und Anwendungsflexibilität. Erneut entschließt sich die OFD Hannover für BaSYS und schließt einen Rahmenvertrag für die Version BaSYS 8 ab. Die übrigen Bundesländer, die inzwischen ihre Verwaltungssoftware im Rahmen dieses Vertrages selber beziehen, entschließen sich ebenfalls einheitlich für die Lösungen von BARTHAUER.

2006: ISYBAU goes Europe
Das ISYBAU Datenaustauschformat ist inzwischen zur natürlichen „Kodiersprache“ in der deutschsprachigen Abwasserwelt geworden. 2006 wird die europäische Richtlinie DIN EN 13508-2 eingeführt. Sie regelt europaweit die einheitliche Bewertung von Entsorgungsnetzen. In der gesamten EU können nun Schäden mit einheitlichen Kürzeln versehen und verglichen werden.

Das ISYBAU Austauschformat passt sich den neuen Anforderungen an und erfindet sich neu: ISYBAU XML (Extended Markup Language) ist geboren! Das neue System ist flexibler, kann sich verändernden Datenstrukturen dynamisch anpassen, und damit auch die Europäischen Richtlinie transportieren. Obwohl ISYBAU XML nur für die Bundesliegenschaften konzipiert wurde, weckt das Konzept reges internationales Interesse.

Und BaSYS?
BaSYS ist nicht nur das erste System, das unmittelbar nach der Einführung des neuen Formates eine konforme Schnittstelle umgesetzt hat. Es beherrscht auch vorbildlich den fliegenden Wechsel zwischen ISYSBAU XML, älteren ISYBAU Formaten und sonstigen Datenformaten, und ermöglicht dadurch seinen Anwendern flexibles und zeitsparendes Arbeiten und das konstant über mehr als ein Jahrzehnt bei unterschiedlichen Projektrandbedingungen hinweg.

PIETS, das Nachfolgeprogramm von ISYTEST, wird wieder als offizielle Prüfsoftware der Landesbauverwaltungen eingesetzt. Es prüft ISYBAU-XML Daten auf inhaltliche und formale Plausibilität, konvertiert alte ISYBAU-Formate in das neue XML Format und erlaubt dem Anwender ein direktes Editieren und Korrigieren der Daten.

Ingenieurbüros und Inspektionsfirmen, die BaSYS einsetzen, haben einen klaren Wettbewerbsvorteil, denn BaSYS ist von Grund auf so aufgebaut, dass es neue „Formatsprachen“ einfach integrieren kann und bietet daher einen hohen Grad an Interoperabilität.

BaSYS goes International
Und das nicht nur in Deutschland! Seit 2008 ist BaSYS weltweit in vielen Sprachen erhältlich, z.B. in englisch, französisch, italienisch, portugiesisch und polnisch und wird von einem Netz internationaler Partner betreut.

Wir bedanken uns an dieser Stelle bei allen Finanz- und Bauverwaltungen des Bundes und der Länder für das entgegengebrachte Vertrauen und für die langjährige, konstruktive Zusammenarbeit.